Säugerzellen

Neutralrot-Test

Prinzip
Der Neutralrot-Test (Neutral Red Uptake Assay (NRU-Test)) ist ein Zytotoxizitätstest, der toxische Wirkungen von Chemikalien oder Umweltproben auf die Zellmembran nachweisen kann. Er beruht auf einer Färbereaktion, durch die lebende von toten Zellen unterschieden werden. Geprüft wird üblicherweise mit den permanenten adhärenten Zelllinien HEP-G2 (humane Leberkarzinomzelle) oder V79 (Lungenepithel des chinesischen Goldhamsters). Aber auch viele andere Zelllinien wie z.B. humane Keratinozyten oder auch Fischzellen können verwendet werden.

Kurzbeschreibung
In der Mikrotiterplattenversion wird die monolayer Zellkultur, die über 24 Stunden am Gefäßboden aufgewachsen ist, für eine bestimmte Zeit (i.d.R. zwischen 2 und 24 Stunden) gegenüber einer Konzentrationsreihe der zu prüfenden Substanz exponiert. Durch Zugabe eines Rattenleberhomogenisats, dem sogenannten S9-Mix, kann die metabolische Umsetzng potenziell toxischer Schadstofffe simuliert werden. Am Ende der Expositionszeit werden die Zellen gewaschen und mit der Neutralrotfärbereagenz, einem schwach kationischen Vitalfärbestoff, versetzt. Er passiert die Zellmembran und bindet intrazellulär an Carboxyl- und Phosphatgruppen. Die Farbstoffakkumulation erfolgt im Wesentlichen in den zellulären Lysosomen. Tote und membrangeschädigte Zellen können den Farbstoff nicht akkumulieren und dieser wird während der anschließenden Wasch- und Fixierungsschritte nicht intrazellulär zurückgehalten. Daher sind Ansätze mit toten und geschädigten Zellen oder mit einer reduzierten Zellvermehrung weniger stark gefärbt als solche mit vitalen Zellen. Die Auswertung erfolgt über eine Rücklösung des zellulär gebundenen Farbstoffs und dessen fotometrische Vermessung im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrolle. Die Toxizität wird als prozentuale Hemmung der Neutralrotrücklösung angegeben [%] und stellt ein Maß für die Schädigung der Zellen dar. Über die Dosis-Wirkungskurve kann der EC50 berechnet werden.


Mouse Lymphoma Assay (MLA)
OECD 476, EG 440/2008 B.17, ICH S2B

Prinzip
Mutagenitätstest mit der Mouse-Lymphoma Zelllinie L5178Y Tk +/-, Subklon C.3.7.2.

Kurzbeschreibung
Der Mouse-Lymphoma-Assay dient dem Nachweis möglicher Mutagene und Karzinogene in Säugerzellen. Bei der verwendeten Zelllinie wird die Induktion von Mutationen im autosomalen Thymidin-Kinase Gen nachgewiesen, die einen Funktionsausfall des Gens nach sich ziehen. Da bei autosomalen Genen hierfür Mutationen auf beiden Allelen notwendig wären, wird von der Zelllinie L5178Y der Klon Tk+/- 3.7.2.C verwendet, der bereits ein mutiertes Tk-Allel besitzt. Auch ohne funktionierendes TK-Gen (Tk-/-) können die Zellen weiter proliferieren, da Thymidin auch über Neusynthese hergestellt werden kann. Im Gegensatz zu Tk+/- und Tk+/+ Zellen können Tk-/- Zellen allerdings auch in Anwesenheit von Trifluorthymidin (TFT) überleben, während für die erstgenannten (Tk+/-, Tk+/+) dieses Thymidin-Analogon durch die Aktivität der zellulären Thymidin Kinase toxisch ist und zu ihrem Absterben führt. Somit kann Trifluorthymidin (TFT) zur Mutantenselektion verwendet werden. Zur Ermittlung des clonalen Wachstums („cloning efficiency“, Toxizitätsparameter) und der Mutantenhäufigkeit werden die Zellen in 96-Well Mikrotiterplatten ausgesät. Die Inkubationszeit variiert üblicherweise zwischen 3 und 4 Stunden. Für die Prüfung von Pharmaka wird die Inkubationszeit in einem zusätzlichen Test ohne metabolische Aktivierung (S9) auf 24 Stunden verlängert (nach ICH S2B). Die mutierten Zellen (TFT-resistent) bilden dann über einen Zeitraum von mindestens 11 Tagen Kolonien aus, die mikroskopisch detektiert und in kleine und große Kolonien unterschieden werden können. Hierbei wird ein unterschiedlicher Gendefekt angenommen, kleine Kolonien werden von Zellen mit Chromosomenmutationen, große Kolonien von solchen mit Genmutationen gebildet. Deshalb werden bei der Auswertung neben der Mutationshäufigkeit auch die Raten für kleine und große Kolonien bestimmt.

Kriterium
Ein positiver Effekt muss eine Erhöhung der Mutanten von mindestens 100 pro 106 Zellen über der Rate der Negativkontrolle aufweisen. Zusätzlich wird mit einen ANOVA-Test (z.B. SigmaStat) die Signifikanz überprüft.

Substanzeigenschaften
Der Mouse-Lymphoma-Assay eignet sich für in Wasser oder anderen kompatiblen Lösemitteln lösliche Substanzen sowie für Wasserproben.  


V79 in-vitro Mikrokern Test
OECD 487 (2010), Verordnung (EG) Nr. 440/2008 B.49, ISO 21427-2, DIN EN ISO 21427-2

Prinzip
Gentoxizitätstest durch Micronuclei Induktion (Kleinkern Bildung) mit der Dauerzelllinie V79 (Lungengewebe eines Chinesischen Hamsters). 

Kurzbeschreibung
Der In-vitro Mikrokern-Test erlaubt den Nachweis gentoxischer Wirkungen auf Säugerzellen im in-vitro Test. Es weist Chromosomenschäden und Schäden am mitotischen Apparat nach. Chromatidfragmente ohne Centromer bewegen sich während der Zellteilung nicht zum Kern der Tochterzelle und verbleiben im Cytoplasma. Sowohl Chromosomenaberrationen als auch Störungen im Spindelapparat führen dazu, dass Chromosomen im Zuge der Zellteilung nicht in den Zellkern der Tochterzelle inkorporiert werden. Alle diese Partikel bilden Kleinkerne im Cytoplasma. Die Zellen werden über einen definierten Zeitraum (in der Regel 24 Stunden, mit exogener metabolischer für 4 Stunden) gegenüber unterschiedlichen Konzentrationen eines Prüfgegenstandes exponiert. Ein erhöhtes Auftreten von Kleinkernen im Vergleich zur Negativkontrolle zeigt, dass der Prüfgegenstand Chromosomenbrüche oder Störungen des Spindelapparates in den Zellen auslösen kann.

Kriterium
Ein positiver Effekt wird durch eine signifikante Erhöhung der Kleinkern Bildung gewertet, die durch statistische Verfahren (z.B. Chi²-Test) ermittelt wird. Die Erhebung der Kleinkernfrequenz erfolgt optisch mit mikroskopischer Auswertung. Ein zytotoxischer Effekt des Prüfgegenstands darf maximal 50% (+/-5%) Hemmung betragen und wird für die Festlegung der maximalen Testkonzentration herangezogen.

Substanzeigenschaften
Der Micronucleus-Test eignet sich für in Wasser oder anderen kompatiblen Lösemitteln lösliche Substanzen sowie für Wasserproben.  


In Vivo Mammalian Alkaline Comet Assay
OECD 489

Prinzip
Gentoxizitätstest von eukaryontischen Einzelzellen auf Basis von DNA Schädigung.

Kurzbeschreibung
Der Comet-Assay (Einzelzellgelelektrophorese) ist ein Genotoxizitäts-Test, der es erlaubt, DNA-Schäden auf dem Niveau der Einzelzelle zu detektieren. Die Durchführung ist mit fast jedem eukaryontischen Zelltyp möglich und vom Zellzyklus unabhängig. DNA-Schäden können somit sowohl in proliferierenden als auch in nicht proliferierenden Zellen nachgewiesen werden. Nachweisbare Effekte in der alkalischen Testversion sind Einzel- und Doppelstrangbrüche, AP-Stellen (apurinische/apyrimidinische Stellen; Basenherauslösung aus der DNA), Cross-links (Quervernetzung der DNA) und die Intensität der zellulären Reparatur, die ein indirektes Maß für die Bildung von DNA-Addukten (Moleküle, die sich kovalent an die DNA binden) darstellt. Zur Durchführung des Assays werden Zellen auf Objektträgern in Agarose eingebettet. Nach der Lyse der Zellen kann das Ausmaß der DNA-Schädigung durch die Ausbildung eines Kometen (Schweif) in der Elektrophorese durch Auswandern von DNA-Fragmenten aus dem Zellareal quantifiziert werden. Kontrollzellen zeigen keine oder nur sehr geringe Schweifbildung.

Kriterium
Ein positiver Effekt zeigt eine signifikante Erhöhung der DNA Fragmentierung, die durch statistische Verfahren (z.B. Kruskall-Wallis H-Test) ermittelt wird. Für die Auswertung wird der sog. „Tailmoment“ berechnet (digitale Bildauswertungssoftware), der das Produkt von "Schweiflänge" und Intensität in Schweif und Zellzentrum darstellt.

Substanzeigenschaften
Der Comet-Assay eignet sich für feste, lösliche Substanzen sowie für flüssige Substanzen und Wasserproben.